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Jobcenter will jungen Eltern den Weg in eine Berufsausbildung ebnen-
Bei jungen Müttern auf dem Weg in eine Berufsausbildung sind vor allem klassische Frauenberufe, wie der einer Bürokauffrau gefragt. Dabei wären ihre Chancen im technischen Bereich größer.
Von Harald Knoop
Oberberg. Die Möglichkeit gibt es schon seit 2005, aber so richtig bekannt wird sie erst jetzt: die Möglichkeit, eine Berufsausbildung in Teilzeit zu absolvieren.
Seit 2013 bemüht sich das Jobcenter Oberberg alljährlich, geeignete Bewerber und interessierte Ausbildungsbetriebe dafür zu finden; bislang mit mäßigem Erfolg. Immerhin: Eine medizinische Fachangestellte hat ihre dreijährige Ausbildung 2016 abgeschlossen und arbeitet seitdem in Teilzeit. Im vergangenen Jahr kamen eine Ausbildung zur Altenpflegerin in Denklingen und eine zur Verwaltungsangestellten bei der Stadt Gummersbach in Teilzeit zustande.
Demografischen Wandel und Facharbeitermangel vor Augen, intensiviert das Jobcenter Oberberg jetzt seine Bemühungen: Vor wenigen Tagen hat ein Vorbereitungskurs für neun angehende Auszubildende begonnen. Träger der Maßnahme mit dem etwas sperrigen Namen „Teilzeitberufsausbildung – Einstieg begleiten – Perspektiven öffnen“ (kurz: TEP) ist das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland (CJD) in Gummersbach.
Ziel von TEP ist, jungen und nicht mehr ganz so jungen Menschen, die bislang wegen familiärer Umstände keine Berufsausbildung machen konnten, zu einer ganz normalen Lehrstelle zu verhelfen, die sie mit reduzierter Stundenzahl, aber allen Ausbildungsinhalten im Unternehmen absolvieren können – in Teilzeit eben. Statt der regulären Wochenarbeitszeit von 39 Arbeitsstunden ist ein Absenken auf bis zu 30 Wochenstunden möglich, ohne das sich die Ausbildungszeit insgesamt verlängert. Das kann vereinbart werden, um zum Beispiel die Zeiten im Betrieb denen von Kita oder Schule anzupassen.
Bei einer Reduktion auf 25 oder 20 Stunden pro Woche verlängert sich die Ausbildungszeit um ein Jahr. Die Ausbildungsvergütung verringert sich entsprechend. Wird’s dadurch finanziell eng für die Teilzeit-Azubis, kann das Jobcenter einspringen. Reduziert werden kann – aus gesetzlichen Gründen – nur die Zeit im Unternehmen, nicht aber die schulischen Unterrichtseinheiten im Berufskolleg.
Auch wenn sich bislang nur Frauen für das Angebot interessierten, richtet es sich grundsätzlich an junge Frauen und Männer mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. Sie sind besonders auf familienfreundliche Ausbildungszeiten angewiesen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Aber sie bieten dem Unternehmen auch besondere Vorzüge, sagt Rainer Drescher, Geschäftsführer des Jobcenters Oberberg in Gummersbach: Sie seien gut organisiert, motiviert und engagiert: „Sie können für die Unternehmen die Fachkräfte von morgen sein.“ Dieses Potenzial sollten sich die Firmen erschließen. Enesa Mahmutbegovic, die Jobcenter-Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, ergänzt: „Finden Menschen mit Familienpflichten einen Arbeitgeber, der ihnen die Chance gibt, Beruf und Familie gut zu vereinbaren und beidem gerecht zu werden, hat er loyale und zuverlässige Mitarbeiter gewonnen.“
Im aktuellen, sechsmonatigen Vorbereitungskurs werden die neun Teilnehmerinnen im Alter zwischen 21 und 37 Jahren auf ihre Ausbildungszeit vorbereitet. Es gibt ein Bewerbungstraining, jede Menge Berufsinformationen, Firmenbesuche und Praktika. Die Neun interessieren sich vornehmlich für klassische Frauenberufe wie Bürokauffrau, oder medizinisch-technische Fachangestellte. Dabei wären die Chancen, einen Ausbildungsplatz in einem technischen Beruf zu finden, wahrscheinlich größer, schätzt Drescher. Er und Enesa Mahmutbegovic sind zuversichtlich, bis zum Ausbildungsstart am 1. August passende Unternehmen zu finden, die sich auf einen Teilzeit-Azubi einlassen.
www. jobcenter-oberberg.de